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Tansania 2011
Aufstieg zum Kilimanjaro, Tierparks des nördlichen Tansania und die Insel Sansibar
Landschaften in Tansania (v.l.n.r.): Sonnenaufgang am Kilimanjaro von der Kikeleva Cave aus, Elefant im Tarangire NP, Sonnenaufgang in der Serengeti, Hotel und Strand an der Ostküste Sansibars
Kilimanjaro - Gibt es lose Ziegel auf dem Dach Afrikas?
oder:
Ein Versuch, den eigenen inneren Schweinehund auf die Rote Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten zu setzen
Wer kennt es nicht, das obligatorische Bild mit den Elefanten in der Savanne laufend vor der Kulisse des schneebedeckten Kilimanjaro, eine Szenerie, welche bei vielen die Sehnsucht nach Afrika weckt. Seit dem Film von Prof. Bernhard Grzimek „Die Serengeti darf nicht sterben“ verbinden auch viele gerade diese Tierwelt Afrikas mit den Nationalparks im heutigen Tansania. Schon vor 10 Jahren habe ich im Internet die ersten Reiseberichte über einen Aufstieg auf gerade diesen 5895m hohen Kilimanjaro und somit höchsten Berg Afrikas und gleichzeitig einem der sogenannten „Seven Summits“ gelesen. Eine Durchführung von diesem Vorhaben stand für mich aber vollkommen außer Frage, stufte ich doch gerade solch eine Sache als „ein paar Nummern zu groß“ für mich ein. In den letzten Jahren konnte ich mich bei mehreren Reisen in Summe länger als 6 Wochen in Höhen zwischen 3000m und über 4500m aufhalten. Nachhaltige negative Erfahrungen mit den damit verbundenen Höhenanpassungen waren dabei nicht aufgetreten. Mit der Zeit reifte in mir der Entschluss, im Vorgriff auf eine Rundreise durch Tansania, einen Aufstieg auf den Kilimanjaro zu wagen. Reichen wird es dabei wahrscheinlich nur zu einem einwöchigen „Spaziergang“ in den „unteren Höhenlagen“ des Bergmassivs. Im Anschluss an die gut eine Woche dauernde Unternehmung rund um den Kilimanjaro soll dann eine fast dreiwöchige Gruppenreise durch den Norden Tansanias folgen. Gebucht habe ich beiden Reisen bzw. Reisebausteine beim renommierten Reiseveranstalter Wikinger-Reisen.
Die erste Woche der Reise steht somit im Zeichen des Kilimanjaro, in der Unwissenheit, wie weit nach oben auf den Berg ich es wohl überhaupt schaffen werde. Und wenn diese Woche in unbekannten Höhen nur dazu reichen wird, mir solche Flausen mit Bergaufstiegen auf fast 6000m ein für alle Mal aus dem Kopf zu vertreiben. Im Anschluss an den Kilimanjaro startet erst die eigentliche Gruppenreise beginnend mit einem Abstecher in den Schwarzwald Tansanias, den Usambara-Bergen. Die Tierwelt Afrikas erleben heißt es in den Tierparks im nördlichen Tansania, im „Park der Elefanten“ Tarangire, im „Park der Flamingos“ Lake Manyara, in der weltbekannten Serengeti sowie im „Garten Eden der Tierwelt“, dem Ngorongoro-Krater. Gänzlich andere Eindrücke zu gewinnen wird es auf der dem Festland vorgelagerten und zu den Vereinigten Republiken von Tansania gehörenden Insel Sansibar geben. Genau diese Eindrücke werden den Abschluss der Reise bilden. Was sind denn nun eigentlich die wirklichen Beweggründe, einen fast 6000m hohen Berg zu besteigen und dabei auf Schusters Rappen mehr als 4000 Höhenmeter zu überwinden? Viele sagen, sie machen es als eine Art von Selbstfindung. Aber warum soll man sich in der meist unbekannten Fremde selbst finden können, wenn man es schon in der bekannten Heimat nicht schafft? Andere wollen sich vielleicht mit dem Kilimanjaro etwas beweisen, gemäß dem Motto: „Mein Haus, mein Boot, mein …“. In erster Linie soll für mich der Aufenthalt rund um den Kilimanjaro ein vernünftiger Anfang und eine angenehme Verlängerung einer sonst nur gut 2wöchigen Rundreise durch das nördliche Tansania sein. Wenn dabei der Gipfel des Kilimanjaro möglich ist, so werde ich mich sicherlich dagegen nicht wehren. Wenn nicht, dann kann es eine neue Lebenserfahrung sein, ob positiv oder negativ werde ich sehen. Das die Woche „All-Inklusive“ am Kilimanjaro, vom Trinkgeld einmal ausgenommen, wahrscheinlich fast noch billiger als eine Woche in Zelten in den tansanischen Wildparks sein wird, werde ich wohlwollend in Kauf nehmen. So hoffe ich nun, dass ich Euch auf den nächsten Seiten eine abwechslungsreiche und interessante Lektüre bieten kann.
Tag 1: Anreise nach Tansania, Zwischenübernachtung in Dar es Salaam Es ist Anfang August 2011. Die USA hat es doch noch geschafft, ihre Schuldengrenze ein weiteres Mal zu erhöhen. Dies ist nicht die einzige Thematik, die mich unmittelbar vor dem Start einer fast vierwöchigen Reise nach Tansania beschäftigt. Mit den Reiseunterlagen habe ich auch noch eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes erhalten, dass aktuell in Tansania stark erhöhte Zahlen von Erkrankungen an den Masern auftreten. Da ich mich nicht mehr an eine Erkrankung an den Masern in der Kindheit erinnern kann, steht also sicherheitshalber noch eine Masernimpfung an. Aufgrund dieser Reisewarnung würde bei einer Erkrankung an den Masern im Reiseland wahrscheinlich keine Auslandskrankenversicherung Zahlungen leisten. Heute ist Mittwoch, übermorgen am Freitag soll es mit der Reise nach Ostafrika endlich losgehen, aber die deutschen Fluglotsen haben für den morgigen Donnerstag, einen Tag vor dem Abflug, einen Streik geplant. Falls dieser Streik durchgeführt wird, fliegt dann mein Flieger überhaupt? Wie sieht es mit Alternativen aus? Geplant ist der Abflug ab Nürnberg mit der schweizerischen Fluglinie Swiss nach Zürich. Von dort aus soll es mit einer kurzen Zwischenlandung im kenianischen Nairobi weiter zum Endpunkt des Flugs in die Wirtschaftsmetropole von Tansania, zur Millionenstadt Dar es Salaam gehen. Ist nun die Umsetzung eines Plan B für die Anreise, ausgearbeitet in den schlaf- und/oder traumlosen Nächten vor dem Abflug, notwendig? Die Umsetzung des Plan würde bedeuten, dass zunächst eine Fahrt mit dem Auto oder dem Zug nach Zürich und von dort aus dann der Weiterflug bedeuten. Dazu wäre aber erst nach Rückversicherung bei der Fluggesellschaft notwendig, da ja dann die (Flug-)Reise nicht am Startpunkt des Tickets beginnen würde. Und mit solchen eigenmächtigen Flugänderungen haben viele Fluggesellschaften so ihre Probleme. Als letzten Termin für eine Entscheidung zugunsten einer Alternativlösung habe ich mir den morgigen Donnerstag um 12 Uhr gesetzt, also 19 Stunden vor dem eigentlich geplanten Abflugtermin. Wie klein und unwichtig sind nun die Entscheidungen rund um den Aufstieg auf den Kilimanjaro geworden! Im Unterschied zu normalen Rundreisen habe ich ja mehrere „Baukasten“ gebucht und der Termin für den Aufstieg ist fix. Würde ich einen Tag später fliegen, dann wäre der Aufstieg Makulatur, da alles in Tansania schon vorgebucht ist. Da beachtet man Flüge über das gesamte Jahr nicht und steht nun mitten drin im Hamsterrad des „Fliege ich nun oder doch wieder nicht?“. Glücklicherweise noch rechtzeitig für mich wird der Streik der Fluglotsen in Deutschland abgeblasen, nachts kurz vor Mitternacht zwischen Mittwoch und Donnerstag. Obwohl das eigentliche Landarrangement der Reise in der am Kilimanjaro gelegenen Stadt Moshi beginnt, etwa gut 600km von meinem Flugziel Dar es Salaam entfernt, und es kaum 50km von Moshi entfernt auch einen internationalen Flughafen gibt, der von KLM, Condor usw. regelmäßig angeflogen wird, habe ich mich dennoch für ein Routing mit der schweizerischen Swiss entschieden. Grund dafür ist die Möglichkeit eines Meilenfreiflugs mit der Swiss, außer den Fluggebühren fallen keine Flugkosten nach Afrika an. Tansania gehört beim Bonusprogramm Miles-and-More der Lufthansa, und somit auch beim Meilenprogramm der Swiss, zum Tarifgebiet Nordafrika. Für mehr als 11h Gesamtflugzeit je Richtung fallen zum Zeitpunkt der Buchung Ende des Jahres 2010 nur 60.000 Meilen für einen Return-Freiflug in der Business-Klasse an. Am zeitigen Freitagmorgen geht es zunächst zum knapp eine Stunde von meinem Heimatort entfernten Flughafen Nürnberg. Noch vor 7 Uhr startet der Flug mit der Swiss mit einem vierstrahligen Avroliner pünktlich in Richtung Zürich, von wo es dann anschließend mit Schweizer Herzlichkeit in einem Airbus A330-300 weiter nach Afrika gehen soll. Das Flugzeug nach Zürich ist gut halb gefüllt. Nach kaum 45 Minuten steht auch schon wieder die Landung in Zürich an. Mit 90 Minuten habe ich hier genügend Umsteigezeit, auch wenn ein Wechsel des Terminals notwendig ist. Einem rechtzeitigen Erscheinen am Gate zum Weiterflug steht somit nichts im Wege. Da die griechischen Fluglotsen, laut Aussage des Piloten für den Flug nach Dar es Salaam, etwas in den Bummelstreik getreten sind, verschiebt sich der Abflug in Zürich um fast eine Stunde, was sich aber in der Business-Klasse der Swiss problemlos verschmerzen lässt. Dann geht es los. Die Flugstrecke führt über Italien, den griechischen Inseln, Ägypten, den Sudan und Äthiopien nach Nairobi in Kenia, wo wir gegen 18:30 Uhr Ortszeit (MESZ + 1h) landen. Am Service der Swiss gibt es nichts zu meckern, auch nicht im Vergleich zu Business-Klassen anderer Fluglinien. Der Sitz kann z.B. zu einem ebenen Bett umgelegt werden. Bereits bei der Buchung habe ich mir einen Einzelsitzplatz ohne Nachbarsitz reservieren können. Die „Thronplätze“, dieses sind Sitzplätze bei der Swiss, welche beidseitig eine 20cm breite Ablagefläche und somit riesige Ausbreitungsmöglichkeiten haben, waren aber bereits zum Zeitpunkt der Buchung 9 Monate vor Abreise nicht mehr zu reservieren. Anscheinend reicht für solche Plätze eine Allerwelts-Miles-and-More-Karte nicht. Obwohl es auch bei der Swiss ein sehr umfangreiches Fernsehprogramm gibt, zu mehr als nur der Airshow (Landkarte mit der aktuellen Flugposition und aktuellen Flugdaten) reicht es bei mir wieder einmal nicht. Warum soll ich mit Fernsehen das sonst üblicherweise teuer erkaufte Business-Klasse-Ticket (als Freiflug waren nur gut 300€ Fluggebühren zu bezahlen) vergeuden, wenn man einfach auch nur das Ambiente genießen kann. Nach einem kurzen Tank- und Aussteigestopp in Nairobi starten wir mit der gleichen Maschine weiter zum noch gut einstündigen Flug in Richtung Süd-Ost nach Dar es Salaam. Die Flugstrecke führt unmittelbar an dem an der kenianisch-tansanischen Grenze gelegenen Kilimanjaro vorbei. Da aber außerhalb des Flugzeugs bereits eine stockdunkle Nacht vorherrscht, wir befinden uns ja aktuell nur 3° südlich vom Äquator, ist ein Anblick auf das „Dach Afrikas“ nicht möglich. Fast schon wieder zur im Flugplan ausgeschriebenen Uhrzeit landet das Flugzeug in Dar es Salaam. Zu meiner Überraschung werde ich von der Kabinencrew mit meinem Nachnamen verabschiedet, und dies ohne dass die Chefpurserin diesen von einer Liste abliest! Respekt für die Swiss, so etwas hat bis jetzt bei mir nur einmal die chilenische Fluggesellschaft LAN geschafft! Da ich bereits von Deutschland aus das Visum für Tansania beantragt habe, sind die Einreiseformalitäten sehr schnell erledigt. Man zahlt aber in Deutschland für die Ausstellung des Visums mit 50€ den identischen Betrag in Euro, welchen man hier vor Ort in US-Dollar zahlen würde. Auch sind jetzt mit der erfolgreichen Einreise meine Fingerabdrücke von allen 10 Fingern in einem Rechner der Einwanderungsbehörden abgespeichert, denn ohne diesen Fingerabdruckscan ist keine Einreise möglich. Bei der Ausreise aus dem Land am Ende der Reise reicht dann ein einzelner Fingerabdruck, und ich werde wieder aus Tansania entlassen. Da der internationale Flughafen von Dar es Salaam eher eine beschauliche Größe hat, dauert es auch nicht lange, bis meine beiden Gepäckstücke auf dem Gepäckband ankommen. Da man ja nie ausschließen kann, dass sich das Gepäck für einen anderen Flug oder ein anderes Flugrouting für die Reise nach Afrika entscheiden könnte, trage ich meine Wanderstiefel bereits seit der Abreise von zu Hause. Es wäre ärgerlich für den Aufstieg auf den Kilimanjaro sich an noch nicht eingelaufene Schuhe gewöhnen zu müssen. Da diese Stiefel aber bei jeder Sicherheitskontrolle durch die Röntgenanlage dürfen, habe ich bei der Anreise das An- und Ausziehen der selbiger mehrmals üben können. Trotz strikter Geschmacksneutralität meines Schuhs mit und ohne Inhalt, gilt man bei so manchem Business-Klasse Passagier mit Wanderstiefeln als „Flugschuhwerk“ immer noch als Aussätziger. Vor dem Weiterflug mit der tansanischen Fluglinie Precision Air in Richtung Kilimanjaro habe ich mich für eine Zwischenübernachtung in Dar es Salaam entschieden. Da ich in der Dunkelheit nicht durch ganz Dar es Salaam fahren bzw . gefahren werden will und mir bei der Reiseplanung die Übernachtungspreise in den bekannten Hotelketten mit 200 US$ aufwärts pro Nacht als zu teuer vorkamen, habe ich mich für das Transit Motel in unmittelbarer Flughafennähe entschieden. Hier soll das Einzelzimmer inkl. Frühstück ganze 27US$ (22€) kosten. Da das Motel zusätzlich einen (kostenpflichtigen) Transfer anbietet, will ich diesen in Anspruch nehmen. Sicherheitshalber habe ich noch am Vortag dem Hotel meine Ankunftszeiten mitgeteilt. Trotz Bestätigung durch das Hotel, wartet am Ausgang des Flughafens, wie erwartet, kein Taxi auf mich. Die Taxifahrer sind, anders als in vielen Reiseführern und Foren beschrieben, kaum aufdringlich. Auch ist heute ihre Zahl sehr übersichtlich, von einem sonst so oft beschriebenen unübersichtlichen Gedränge ist weit und breit nichts zu sehen. Nachdem ich nach mehreren Suchumläufen den reservierten Taxifahrer nicht finde, kann ich wenigstens einen aktuell wartenden Taxifahrer zu einem schnellen Verdienst verhelfen. Nachdem er mich nach den ersten erfolglosen Suchblicken nach meinem Transfertaxifahrer angesprochen hatte, habe ich mit ihm vereinbart, dass, wenn ich in den nächsten fünf Minuten den bestellten Taxifahrer nicht finde, er mich zum Hotel fahren darf. Für 10US$, ich bin einfach zu faul zum Nachverhandeln, fährt er mich die gut 2-3 km zum Motel. Das Transit Motel liegt in einer Seitenstraße in einer einfachen Wohnsiedlung fast gegenüber der Flughafeneinfahrt. Die Straße dorthin ist unbefestigt und der Fahrer hat Mühe, den quadratmetergroßen und bis zu 50cm tiefen Schlaglöchern auszuweichen, wir erreichen dennoch unbeschadet das Hotel. Das Motel ist zweckmäßig ausgestattet, zu meiner Überraschung sogar mit (leise laufender) Klimaanlage und es liegt sehr ruhig. Zwischen Landung, Einreise, Gepäckausgabe und Einchecken im Hotel sind kaum 30 Minuten vergangen. Das Abenteuer Tansania kann nun am nächsten Tag beginnen. Tag 2: Dar es Salaam - Kilimanjaro Airport - Moshi Nach einem ausgiebigen englischen Frühstück im Hotel ist es an der Zeit zum Flughafen aufzubrechen. Schon gestern Abend habe ich dazu das Taxi für 7:30 Uhr bestellt, bei gleichem Preis und gleichem Fahrer, in Tateinheit mit gleicher Verhandlungsfaulheit bezüglich des Preises. Man könnte zwar in 15 Minuten auch zu Fuß zum Terminal gelangen, aber z.T. durch Wellblechsiedlungen voll bepackt zu gehen, dafür bin ich zu feige. Da ich davon ausgehe, dass der Taxifahrer um 7:30 Uhr AMT („african maybe time“ - man muss mindestens 30 Minuten dazurechnen, die übliche Pünktlichkeitsquote) da sein würde, bin ich doch überrascht, dass der Taxifahrer überpünktlich am Hotel wartet. Nach kaum 5 Minuten sind wir am Flughafen. Während der Fahrt dorthin klärt er mich auch über das notwendige Procedere am Flughafen auf. Damit man in das Gebäude zum Einchecken kann, muss man bereits am Eingang des Terminals durch eine Sicherheitskontrolle, inklusive Wanderstiefel ausziehen und einer europäischer Flüssigkeitskontrolle. Wegen des zum Aufstieg auf den Kilimanjaro zusätzlich notwendigen Gepäcks ist die eigentlich Grenze für das von Freigepäck für den Inlandsflug von 15kg mit tansanisch gemessenen 20,1kg deutlich überschritten. Die erwarteten horrenden Gebühren für das Übergepäck werden jedoch nicht verlangt, wieder eine Internet-Horrorgeschichte, die nicht eintritt. Vor dem Gang durch die Sicherheitskontrolle nehme ich auch den Geldtausch in Tansanische Schilling vor. Man kann zwar in Tansania sehr vieles mit US-Dollar bezahlen, mit Tansanischen Schilling gibt es aber einen deutlich besseren Umtauschkurs. Am Kilimanjaro kostet z.B. die Cola-Dose 3-4 US-Dollar (2,6€ – 3€) oder 4000 Tansanische Schilling (1,70€). Auch der „Dreieckskurs“ Euro zu US-Dollar bezogen auf Tansanische Schilling ist für den US-Dollar miserabel. Er liegt bei 2300 TSH/€ zu 1600 TSH/$, was nach den Gesetzen des gemeinen Dreisatzes in etwa 1,44 $ pro Euro ausmacht, 10% mehr für einen Euro als in Deutschland. Am Flughafen gibt es zwar meist schlechtere Umtauschkurse als außerhalb, aber ich habe Zeit und die Thematik „Geldtausch“ dürfte für den Rest der Reise erledigt sein. Interessanterweise wird dieser Umtauschkurs von 2300:1 für Tansanische Schilling zu Euro der beste Umtauschkurs auf der Reise sein, mehr als 2100:1 gibt es nirgendwo mehr. Es gibt zwar auch Wechselstuben in den größeren Städten, der Geldtausch in einer Bank soll jedoch komplexer als eine deutsche Steuererklärung sein. Überpünktlich startet die gut gefüllte ATR72 der Precision Air, eine relativ neue und in Europa gebaute 70sitzige Turboprob-Maschine, zum 75-Minuten-Flug in Richtung Kilimanjaro Airport. Gelegen auf halber Strecke zwischen den beiden größten Städten der Kilimanjaro-Region, Arusha mit vermutlich mehr als 1 Million Einwohner und Moshi mit seinen gut 180.000 Einwohner. Kurz vor der Landung am Kilimanjaro-Airport kann man auch über den Wolken die 3 Spitzen des Kilimanjaromassiv erkennen, am Boden selbst ist die ganze Gegend im Dunst eingehüllt. Das Flugzeug selbst wird dann nach Entebbe in Uganda weiterfliegen. Für die Passagiere wird dies ein Inlandsflug sein, denn Uganda und Tansania haben ähnlich wie in der EU ihr eigenes „Schengen-Abkommen“ mit dem Verzicht auf die obligatorischen Zollkontrollen. Der höchste der drei Berge des Massivs mit dem Namen „Kilimanjaro“ ist der Kibo („der weiße Berg“), dessen Spitze der Uhuru Peak („Freiheitsspitze“) mit 5895m ist (tansanische Höhenangabe, sonst gilt immer 5892m). Östlich davon ist der Mawenzi („der schwarze Berg“), mit dem 5146m hohen Hans Meyer Peak als höchste Erhebung. Als Berg nicht mehr unmittelbar zu erkennen ist der Shira, da er inzwischen so weit abgeflacht ist, dass er westlich des Kibo auf 4000m ein ebenes Plateau bildet. Alle 3 Berge gelten aufgrund ihrer nicht (mehr) vorhandenen Aktivität als schlafende oder erloschene Vulkane. Erstbesteiger des Kilimanjaro im Jahr 1889 ist der deutsche Hans Meyer. Er nannte die höchste Erhebung des Massivs damals „Kaiser Wilhelm Spitze“. Erst in der 1960er Jahren wurde dieser Name im Rahmen der Unabhängigkeit der Vereinigten Republiken von Tansania (Tanganjika und das Inselreich Sansibar) in Uhuru Peak umgetauft. Auch manch eine der Hütten auf der Hauptroute erhielt im Laufe der Zeit neue Namen. Das komplette Massiv des Kilimanjaro selbst hat ein Volumen von schier unglaublichen 10.000 km3 und ist somit eines der volumenträchtigsten Gebirgsmassive auf unserem Planeten. Nach der Landung werde ich am Flughafen bereits von einem Vertreter von Zara-Tours (www.zaratours.com) empfangen. Der tansanische Touroperator Zara organisiert auch den Transfer zum unternehmenseigenen Springlands Hotel im 40km entfernten Moshi. Sowohl der Aufstieg als auch ein Großteil der anschließenden Rundreise wird von Zara-Tours im Auftrag vom deutschen Reiseveranstalter Wikinger-Reisen durchgeführt. Der Flughafentransfer ist in der Buchung zum Kilimanjaro enthalten. Ich muss mich aber mit der Weiterfahrt noch etwas gedulden, bis mit späteren Flügen noch weitere Gäste von Zara eintreffen, sodass wir 2 Stunden später mit einem gut gefüllten Kleinbus die Fahrt in Richtung Moshi zum Hotel antreten können. Es ist eine kleine aber kurzweilige Übung, dass die Europäer zwar die Uhr, die Afrikaner dafür die Zeit haben. Anhand der Personen im Bus lässt sich die Internationalität der Reisegäste im Norden Tansanias erkennen. Im Fahrzeug sind außer mir noch Personen aus den USA, England und Russland. Während der fast einstündigen Fahrt fallen mir neben der Straße viele Maisfelder mit überreifen fast schon gelben Maispflanzen auf. Von den Zuständen auf den Straßen habe ich eigentlich Schlimmeres befürchtet, für ein Drittweltland jedoch läuft der Verkehr auf einer Hauptverkehrs- und Durchgangsroute sehr gesittet ab. Auch die Straßenbedingungen sind kaum von Schlaglöchern übersät, bei den Verkehrsteilnehmern gilt aber, wie nicht anders zu erwarten, dass Recht des Stärkeren. Somit sind die oft überladenen sowie eigenwillig und/oder schlecht ladungsgesicherten Lkws die Platzhirschen auf der Straße. Unser Fahrziel, das Springlands Hotel, liegt etwas außerhalb von Moshi und ist von außen durch hohe Mauern und einem stabilen Eisentor gesichert. Nach dem Öffnen des Tores und der Einfahrt in die Hotelanlage taucht man in eine ganz andere Welt ein. Von den staubigen und welligen Pisten und den zahlreichen städtisch tolerierten Müllverbrennungsanlagen ist im Hotelkomplex nichts mehr zu sehen. Das Hotel ist von seinem Ambiente eine Mischung aus Kaserne und Uni -Campus. Als Zuckerl gibt es eine wunderschöne Gartenanlage mit fast schon einem Biergartencharakter. Das Hotel ist sehr sauber, zweckmäßig eingerichtet und für afrikanische Verhältnisse hervorragend organisiert. Wie oft in touristischen Hotels in afrikanischen Ländern, gibt es für jeden Kauf im Hotel, sei es auch nur ein einzelner Kaugummi oder eine komplette Rundreise, eine Rechnung mit mehreren Durchschlägen. Erst zum Ende des Aufenthalts steht dann die Bezahlung im Kassenhaus des Hotels an. Ich denke man will mit dieser Vorgehensweise verhindern, dass zu viele Mitarbeiter mit Geld in Berührung kommen. Nach dem Einchecken an der Hotelrezeption steht der Zimmerbezug für die kommende Nacht an. Nach erledigter „Quartiernahme“ genehmige ich mir in der „Mensa“, also im nur überdachten Restaurant ohne Seitenwände, ein verspätetes Mittagessen. Direkt im Anschluss daran beginnt in meinem Zimmer die große Umpackaktion für den morgen beginnenden Aufstieg zum Kilimanjaro. Am Berg sind neben dem Tagesrucksack „nur“ maximal 15kg Zusatzgepäck erlaubt, dieses wird an den Tagen am Berg von tansanischen Trägern getragen. Da Regen nicht auszuschließen ist, sollte man das Gepäck für den Aufstieg wassergeschützt verpacken. Der nicht benötigte Teil des Gepäcks kann im Hotel eingelagert werden. Vom Hotelgelände aus gibt es heute keinen Blick auf den Kilimanjaro zu erhaschen. Es scheint zwar die Sonne vom fast blauem Himmel, die Luftverhältnisse sind aber zu diesig für eine Sicht in die Ferne. Anhand der nicht mehr ganz porentief reinen Kleidung, Mehrtagesbärten bei vielen Männern oder der nicht mehr 3-Wetter-Taft verwöhnten Haare bei nicht wenigen Frauen sind auf dem Hotelgelände mit diesen Erkennungsmerkmalen auch schon die tagesaktuellen Rückkehrer vom Kilimanjaro auszumachen. Wie wird es bei mir in einer Woche sein? Für meinen Rasierapparat geht es auch für die Zeit des Aufstiegs auf Kur bzw. zur Erholung in die hoteleigene Gepäckaufbewahrung. Die nächsten beiden Stunden am heutigen Nachmittag habe ich noch „frei“, da erst um 17 Uhr ein neuhochdeutsches „Briefing“ für den Aufenthalt am Kilimanjaro angesagt ist. Mit diesem Briefing sollen die noch benötigten Informationen und Einteilungen für die Tage am Berg bekannt gegeben werden. Zu diesem Briefing versammelt sich mit Beginn der Veranstaltung im Garten des Hotels eine illustere Gruppe von Aspirant(Inn)en aus vielen unterschiedlichen Ländern. In der Altersstruktur startend von kaum Erwachsen bis um die 70 Jahre, in Gewichtsbereichen von geschätzt 40 bis 120kg, Weiblein und Männlein, es ist von allem etwas dabei. Da Zara der wohl größte Anbieter für Aufstiege am Kilimanjaro ist und man ohne einen Bergführer grundsätzlich nicht auf den Berg darf, sind es am heutigen Tage geschätzte 50-70 Aspiranten aus der ganzen Welt, die an dem Briefing teilnehmen. Anhand der späteren Gruppenaufteilungen ist schon jetzt zu erkennen, dass sich die meisten anderen Wanderer auf den beiden Hauptaufstiegsrouten des Kilimanjaro aufhalten werden. Diese sind die Marangu-Route (spöttisch oft auch „Coca-Cola-Route“ genannt) und die Machame-Route (überheblich oft auch „Whiskey-Route“ genannt, Machame wird „Matschame“ mit Betonung auf „Matsch“ ausgesprochen - soviel zum Thema Trockenheit auf dieser Route). Nur zwei davon wollen auch das Abenteuer auf der gleichen Route wie ich wagen. Diese beiden Aspiranten werden aber einen eigenen Führer und eine eigene Begleitmannschaft haben. Ich werde mit meiner Begleitmannschaft eine eigene Gruppe bilden. Zum Beginn des Briefings wird Jeder seiner Gruppe sowie seinem späteren Bergführer zugeteilt, zuvor muss jedoch noch die obligatorische Haftungsausschlusserklärung unterschrieben werden. In den einzelnen Gruppen aufgeteilt erklären dann die Bergführer die Einzelheiten, bei größeren Gruppen auch unterstützt von „Hilfsguides“. Mein Chef an den Tagen auf dem Berg wird Fransis sein, ein 32-Jähriger Bergführer aus Moshi, der nach seinen eigenen Angaben schon mehr als 50 Mal am Gipfel des Kilimanjaro stand. Mit dabei am Berg werden nach Angaben von Fransis ein Koch und 3 Träger für Gepäck, Essen und Ausrüstung (Zelte, Kochen, ...) sein, die hier übliche Begleitmannschaft bei meiner Gruppengröße und Routenwahl. Auf das von Fransis angebotene Esszelt verzichte ich, ein Umstand, der mir später noch einen unerwarteten Vorteil bringen wird. Nochmals eine Nacht im Bett eines Hotel schlafen und eine lange Vorbereitung hat sein Ende gefunden. Mit welchen positiven und negativen Erfahrungen werde ich nach fast spätestens einer Woche hier wieder ins Hotel zurückkehren? Habe ich mich mit dem Vorhaben Aufstieg auf den Kilimanjaro restlos übernommen oder nicht? Bleiben die gesundheitlichen Beeinträchtigungen in einem überschaubaren Rahmen? Mit welchen Erfahrungen werde ich in einer Woche hier wieder zurückkehren? Bevor ich nun den weiteren Ablauf der Reise erzähle, möchte ich zunächst einen Rückblick auf die Vorbereitungszeit für diese Unternehmung starten, dazu nun mehr im nächsten Kapitel.
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