So geht die Fahrt weiter bis wir schließlich an unseren Campingplatz am Ortsrand des 1000-Seelen Orts Uspallata ankommen. Der Campingplatz liegt zwar in herrlicher Lage, er ist aber kommunal
und der Betreiber ist die örtliche Feuerwehr. Welche Qualitäten von sanitären Anlagen dann bei solch einer Männerwirtschaft zum Vorschein kommt, das kann man sich ja wohl denken.
Jeder Elektroinstallateur würde an seiner Berufsehre verzweifeln, wenn er die elektrische Installation hier sehen würde, aber sie funktioniert!
Da die “Brenner-Autobahn” keine 2km von unserem Campingplatz entfernt vorbeiläuft, gibt’s heute Nacht eine besondere Art von Heavy-Metal Musik. Alle 20 Sekunden rauscht ein
LKW vorbei.
Da es heute unsere letzte Zeltnacht ist, heißt es, dass wir unsere Restbestände an vertilgbaren Alkoholika aufbrauchen sollten. Für manch einem von uns gar nicht so unpraktisch, kann man
doch die unpässlichen Darmviren damit abtöten.
War ich am Anfang der Reise der einzige Teetrinker beim Camping, so wird nun Fenchel und Kamillentee bei vielen zum vorherrschenden Modegetränk.
Tag 26: Uspallata - Santiago
Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt startet das heutige Frühstück. Eigentlich sind es ja nur noch 270km bis Santiago, diese werden aber den ganzen Tag in Anspruch nehmen.
Das Tal des Rio Mendoza aufwärts verläuft die Transitstraße zum Paso Bermejo, der die Grenze zwischen Argentinien und Chile bildet. Ein Elefantenrennen reiht sich an das Nächste.
Fast nach jeder Kurve bietet sich wieder ein anderer Ausblick auf die Welt der Anden. Und die Anden sind hier am höchsten überhaupt.
Da sich im Westen immer mehr dunkle Wolken ankündigen, rechnen wir schon mit dem Schlimmsten, dass sich der Aconcagua, der höchste Berg außerhalb des Himalajas bzw. des Karakorums gar nicht
mehr blicken lassen will. Schon Nummer 3 in der Höhenreihenfolge, der 6570 hohe Cerro Tupungato, hat sich bereits einen Schleier umgelegt.
Die Lkw-Fahrer auf der Transitstrecke legen wieder den typischen “Nach-mir-die-Sintflut”-Fahrstil an den Tag.
Den ersten größeren Halt legen wir an der Puente del Inca ein, einer Naturbrücke über den Fluss, von der Natur und nicht vom Menschen erschaffen. Zuvor geht es aber noch am Skigebiet Los
Penitentes vorbei.
Den Namen hat sie von der Vermutung, dass die Inkas bis hierher gekommen sind. Dieser Bogen spannt sich 47m hoch über den Rio Mendoza. Das Wasser hat den Stein rötlich-gelb gefärbt. Früher
war an dieser Stelle ein Thermalbad, aber ein Erdrutsch hat das Badehaus einstürzen lassen. So sind heutzutage nur noch Ruinen vorhanden. Durch die Verfärbung fühlt man sich wie in einer Zauberwelt.
Einige Kilometer außerhalb von Puente del Inca bietet sich wieder ein Blick auf den Aconcagua. Nächster Halt ist aber der “Aconcagua-Friedhof”, wo die toten Bergsteiger von den
Aconcaguabesteigungen beerdigt werden.
Vom Eingang des Aconcagua Provinzialparks wollen wir anschließend eine Wanderung zu einer Lagune mit Ausblick auf den Aconcagua unternehmen. Obwohl wir von der Höhe auf Zugspitzniveau sind,
von eingeschränkter Höhenbelastbarkeit keine Spur mehr. So erreiche ich ohne größere Mühen die Lagune, nur der Berg verhüllt sich inzwischen in Wolken. Auch hat der Wind deftig aufgefrischt, schon etwas mehr als nur
ne “steife Brise”.
So heißt es nun eine Stelle mit Windschatten aufsuchen und einfach nur warten, vielleicht verschwinden die Wolken ja irgendwann. Von unserem Aussichtspunkt wirkt der Berg gar nicht so hoch,
obwohl es mehr als 4000m Höhenunterschied sind und der Berg keine 20km mehr entfernt liegt. Nur die Höhe der Wolken machet mich stutzig. Sie verhüllen einen großen Teil des Berges, über die vorgelagerten Berge aber
halten sie von ihrer Höhe her respektvollen Abstand.
Aber die Warterei wird mit dem Erfolg gekrönt, der Aconcagua zeigt uns doch noch seine Breit- oder Längsseite. Auch erkennt man riesige Schneebretter an den Felshängen, von den
Windgeschwindigkeiten da oben auf Jetstream-Niveau ganz zu schweigen.
Mit einem ganzen Schwarm an Eindrücken kehren wir zu unserem LKW zurück. Weiter geht es nun an die Grenze mit den ganzen Grenzformalitäten. Die Grenze zwischen beiden Ländern selbst befindet
sich im 5km langen Grenztunnel am 3214m hohen Paso Bermejo.
Da die chilenischen Argrarbehörden mal wieder ganz gründlich sind (das ganze Gepäck muss durch die Röntgenanlage) zieht sich die Einreise doch etwas hin. Aber nach 2 Stunden ist der Spuk
dann doch vorbei.
Unweit von dem auf chilenischer Bergseite sich befindlichen Zollgebäude ist der Skiort Portillo an einem herrlichen See gelegen, umgeben von schneebedeckten Bergen. Hier legen wir einen
Cafe-Stopp ein, dort wo noch vor einigen Tagen die amerikanischen und österreichischen Skinationalmannschaften trainiert haben.
Das Skigebiet erstreckt sich auch teilweise über die Serpentinen, die den Weg ins Tal nach Los Andes anzeigen.
Über besagten Ort führt uns die Strecke weiter, bis wir am frühen Abend in Santiago ankommen.
Kaum im Hotel eingecheckt gibt es eine weitere Überraschung für mich. Es steht ein zweiter Kondor-Lkw da und einer der Herren, die da warten, ist ein alter Bekannter. Es ist Frank, mein
Reiseleiter von der Patagonientour im letzten Jahr, er ist aber genauso überrascht wie ich.
Da es schon ziemlich spät geworden ist, gibt es heute nur noch ein Abendessen.
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