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Tag 2: Rio de Janeiro - Curitiba Mit einer gut 3-stündigen Verspätung landen wir auf dem internationalen Flughafen von Rio de Janeiro. Da sehr starker Dunst vorherrscht, verhüllt das Wahrzeichen der Millionenstadt, der Zuckerhut, sein Antlitz. Für uns heißt es nun nach der Einreise in Brasilien einen Weiterflug in die 800km entfernte Stadt Curitiba zu organisieren, da das reguläre Flugzeug aufgrund der Verspätung schon längst das Weite gesucht hat. Leichter gesagt als getan, denn Rio hat einen internationalen Flughafen (wo wir sind) und einen nationalen Flughafen (der dann 80% der Inlandsflüge “abwickelt”) und von Ersterem gibt es nur zwei Flüge am Tag. Ob es auf dem letzten verbleibenden Flug vom “Internationalen” noch Plätze gibt, schau`mer mal. Aber die Warterei am Transitschalter ist vom Erfolg gekrönt, alle dürfen noch mit. Der gut 90-minütige Flug ist schnell vorbei (und das Essen fast besser als beim Flug nach Rio), sodass wir gegen Mittag in der Industriestadt Curitiba und Hauptstadt des Bundesstaates Paraná ankommen. Zollangelegenheiten stehen keine an, so steht der Begrüßung durch unser Reiseleiterpaar Nervin und Marc nichts mehr im Wege. Nach einem Shake-Hands geht es zu unserem Reisemobil, dem El Mallcu (<=> mit “Kondor”, in seinem früheren Leben eigentlich ein Mercedes Benz 1824 Lastwagen), der in den nächsten 5 Wochen unsere Heimat sein wird. Für mich ist es ein Wiedersehen mit “El Mallcu”, nachdem er mir bereits bei meiner Nord-Chile-Reise im Jahre 2003 treue Dienste leisten durfte. Nur im Pantanal werden wir auf in verzichten dürfen. Bis wir unser Hotel in der Stadt erreichen, vergeht gut eine Stunde und nach der langen Anreise (ich war noch nie bzw. hoffentlich nie mehr 17 Stunden am Stück in einem Flugzeug) lassen wir den Tag ruhig mit der Einweisung in das tägliche Leben rund ums Fahrzeug und das bevorstehende Campingleben ausklingen. Mit Ausnahme des botanischen Gartens hat Curitiba touristisch kaum etwas zu bieten, wirtschaftlich ist es eine Boomtown (der VW Fox wird in Curitiba gebaut). Und das die Stadt nicht zu Unrecht viele Umweltpreise für ihre Politik einheimst, ist an der Sauberkeit ähnlich der in München klar zu erkennen. Tag 3: Serra Verde Express / Morretes / Paranágua Die nächtliche Ruhe ist früh zu Ende, denn bereits um 8 Uhr startet unsere Schmalspurbahn, der Serra Verde Express von Curitiba aus nach Morretes. Die von 1880 bis 1885 gebaute Schmalspurbahn führt einspurig über 13 Tunnels und 67 Brücken nach Paranágua am Atlantikstrand. Sie überwindet dabei über 1000 Höhenmeter, teilweise bei einem Gefälle von bis zu 3,3%. Hierbei durchschneidet sie das Küstengebirge, die Serra do Mar bzw. die Küstenkordillere, die das Binnenland Brasiliens (das brasilianische Schild) von den Küstenstädten trennt. Auch der Zuckerhut in Rio gehört zur Küstenkordillere, und damit könnt Ihr nicht unschwer erraten, von welchen landschaftlichen Leckerbissen diese Zugreise gespickt sein wird. Unser LKW wird die Strecke über die Autobahn der Estrada da Graciosa ins “Tal” zurücklegen. Fahrt mit dem Serra Verde Express nach Morretes Zunächst führt die Strecke vom Bahnterminal in Curitiba, den Trem Convencional, aus vorbei am botanischen Garten und den geringer bemittelten Vororten (keine Slums!) auf ebener Trasse. Erst allmählich geht es talwärts, wobei der Fahrt auf der einspurigen Bahn durch mehrere Halts unterbrochen wird, da es durchaus ratsam ist, sich nicht mit entgegenkommenden Güterzügen mit bis zu 6 Lokomotiven anzulegen. Doch zunächst versperrt noch dichter Küstenurwald der Mata Atlantica (Mata = Wald) die Aussicht auf der Strecke. Waren die ersten Kilometer noch vom Nebel verdunstet, so bietet sich nun bester Sonnenschein. Und das zwischen Curitiba und Paranágua nicht nur 1000 Höhenmeter, sondern auch 25° Celsius Temperaturunterschied liegen können, werden wir auch noch feststellen dürfen. Richtig spektakulär wird der Ausblick nach dem Rochedo-Tunnel, wie die Bilder unschwer erraten lassen. An manchen Stellen klebt die Bahn richtig am Fels, würde man schneller fahren, könnte man meinen, man sitzt in der Achterbahn. Waren wir im “winterlichen” Curitiba noch mit Jacke gestartet, so nähern sich die Temperaturen je mehr wir an Höhe verlieren der kurzen Hose Grenze. Serra Verde Express, Serra do Mar beim Rochedo Tunnel Serra Verde Express, Küstenkordillere Serra Verde Express, eine der 67 Brücken Serra Verde Express, fast wie Achterbahnfahren Nach gut 100km ist die Fahrt in der am Rio Nhundlaquara gelegenen und beschaulichen Stadt Morretes zu Ende. Nach einem kurzen Stadtrundgang geht sie weiter in die 43km entfernte 130.000 Einwohner große Stadt Paranágua am Atlantik. Die Stadt selbst hat den drittgrößten Industriehafen Brasiliens, was damit auch den Güterverkehr auf der Bahnstrecke erklärt. Kirche in Morretes Den verbleibenden Teil des Nachmittags nützen wir zu einem ausgiebigen Stadtrundgang. Neben schönen Kirchen gibt es aber auch viele halbverfallene Häuser zu sehen. Tag 4: Ilha do Mel (Honiginsel) Die landschaftlichen Reize der fast 30qkm großen Ilha do Mel (übersetzt “Honiginsel”) werden wir heute auf uns einwirken lassen. Aber vorher muss die zweistündige Bootsanreise quer an den Ozeanriesen vorbei überstanden werden, bis wir in Encantadas das Naturrefugium betreten können. Fahrzeugverkehr ist auf der Insel nicht erlaubt und die täglichen Besucherzahlen sind stark reglementiert. Die Insel selbst hat viele unterschiedliche Naturräume zu bieten, angefangen von Brandungsküsten, die zum Surfen einladen, über kilometerlange Sandstrände, Felsküsten, Leuchttürmen und natürlich auch urigen Kneipen. Der größte Teil der der “regenwaldhaltigen” Insel ist Naturschutzgebiet. Somit lässt sich der Tag auf der Insel problemlos mit den unterschiedlichsten Aktivitäten ausfüllen. Ilha do Mel, Sandstrand auf der “Honiginsel” Ilha do Mel, Ausblicke Ilha do Mel, Frachter auf der Fahrt nach Paranágua Weil wir schon vom Ausfüllen sprechen, auf der Wanderung über die Insel an einem sehr felsigen Teil der Küste, wird auch eine neue physikalische Einheit geboren, die wir “Schablone” nennen werden. Benannt ist dieser geringster erlaubter Abstand zwischen zwei Felsspalten nach dem Dickenmaß des Knödelfriedhofs eines Reiseteilnehmers (Name wird nicht verraten). Ein Hinweis für Bewohner nördlich des Mains: Zum fränkischen Knödelfriedhof sagt der Bayer auch Bierbauch. Das geflügelte Wort auf der Reise “Passt die Schablone (durch)?” Kurzweilig verbringen den Tag auf der Insel, gestärkt mit sehr guten Fruchtsäften in einer Kneipe, bis wir von Brasilia aus wieder in See stechen zur Fahrt nach Ponta do Poco ans Festland. Noch einige Kilometer weiter am ewig langen Sandstrand führt uns die Fahrt im Sonnenuntergang zu unserer ersten Zeltübernachtung. Unter Dauerangriffen der Paraná-Air-Force (Stechmücken) bauen wir unsere Zelte auf. Da unser Reiseleiter Marc gelernter Koch, seine Partnerin Nervin gelernte Hotelfachfrau ist, steht einem guten Essen nichts mehr im Wege. Dies birgt aber für mich als kondorgefürchteter Essensresteverwerter die Gefahr, das ich im Laufe der Reise wohl irgendwann als “Schablone” herhalten werden muss. Was aber diese Sache betrifft, wird mich der Verlauf der Reise eines ganz anderen belehren, was aber nicht am immer vorzüglichen Campingessen liegen wird, dazu aber später mehr. Aber jetzt wird in der Geschichte mal die erste Campingnacht überstanden und Ihr habt Zeit auf die nächste Seite zu blättern. Tag 5: Atlantikküste - Ponta Grossa Nach einem ausgiebigen Frühstück am Zeltplatz genehmigen wir uns noch einen Spaziergang an der Atlantikküste, da heute nur die Überlandfahrt ins 250km entfernte Ponta Grossa ansteht. Eigentlich war für heute schon der Besuch der Felsformationen von Vila Velha in der Nähe von Ponta Grossa vorgesehen, aber aufgrund des Flugplanwechsels bei unserem bolivianischen Inlandsflug hat sich der Reisestart so ungünstig verschoben, dass heute Ruhetag im Naturschutzpark ist. Durch die gewonnene Zeit läuft heute alles etwas ruhiger ab. Erst gegen Mittag verlassen wir den Atlantik, um in gut 4 Wochen den Pazifik zu sehen. Die Route führt uns wieder in Richtung Curitiba zurück, den Höhenaufstieg genehmigen wir uns jetzt im LKW auf der Estrada da Graciosa, der Autobahn nach Curitiba. Weiter führt uns die Strecke durch landwirtschaftlich geprägtes Gebiet in die Agrarmetropole Ponta Grossa, wo wir heute abermals wieder im Hotel übernachten werden. Sonnenuntergang bei Ponta Grossa” Am Abend ergibt sich erstmals die Möglichkeit, eine Churrascaria kennenzulernen, die brasilianische Variante von Restaurant. Man holt sich vom Buffet die Beilagen und die Kellner kommen alle zwei Minuten mit einem neuen Spieß mit Fleisch (alle Sorten), Käse oder anderem. Solange man den Würfel auf dem Tisch auf Grün lässt, gibt es Essen bis zum Abwinken. Genauer gesagt müsste man sagen, es gibt Essen bis zum Abwürfeln. Legt man ihn auf Rot um, dann ist der Nachschub eingestellt. Eine Delikatesse ist dabei eine mit Zimt überbackene warme Ananas, von den Qualitäten des brasilianischen Nationalgetränks, dem Caipirinha ganz zu schweigen. Wenn der mit “51”-er Cachaça gemacht wird, dann sind die bei uns wie Sauerampfer im Geschmack. Tag 6: Teil 1 - Vila Velha Schon bei der Anreise nach Ponta Grossa am Vortag waren etwa 20km vor unserem Nachtlager skurrile Felsformationen zu erkennen. Felsformation im Parque Estadual de Vila Velha Felsformation im Parque Estadual de Vila Velha Eine Palme hoch oben auf dem Felsen
“And the winner is” - Pokal in Vila Velha Diese Formationen gehören zum Parque Estadual de Vila Velha (Vila Velha bedeutet “altes Städtchen”). Sie ragen aus der wenig bewaldeten und meist etwas hügeligen Landschaft von der Anreise heraus. Wind und Wetter haben hier im Laufe der Zeit sehr interessante Formationen geschaffen, die es nun zu erkunden heißt. Nachdem es zunächst einen Film über den Park zur Einstimmung gibt, folgt eine gut 2-stündige Wanderung um die wichtigsten Gebilde. Ohne viel Anstrengung lässt sich in die Formationen die unterschiedlichsten Dinge interpretieren. Da wir zeitig dran sind, entgehen wir auch der Meute der Schulklassen, die diesen Ort gerne als Ausflugsziel benutzen.
Weg durch die Felsen
Bewachsene Felsspalte (für Insider: deutlich größer wie eine Schablone) Bei wolkenlosem Himmel wirken die Gebilde schon einzigartig. Der untere Teil ist immer im kräftigen rotorange gehalten, die “Decke” mehr in starken Grautönen. Nach dem Besuch des Parks steht nun der ursprüngliche Zweck des heutigen Tages im Vordergrund, die Fahrt von Ponta Grossa ins gut 550km entfernte Foz do Iguacu im Dreiländereck Brasilien-Argentinien- Paraguay, in der Nähe der gleichnamigen Wasserfälle (Foz bedeutet “Mündung”). Die Fahrt führt uns auf dem zunächst vierspurigen und später zweispurigen Highway durch weite Gebiete des Bundesstaates Paraná, der Kornkammer und einer der wichtigsten Industrieregionen von Brasilien. Von Bergen oder höheren Anhöhen ist weit und breit nichts zu sehen, da die Landschaft aber leicht hügelig ist, ist die Fernsicht meist eingeschränkt. Die Landschaft erinnert in Form und von der land(wirt)schaftlichen Prägung sehr stark an den mittleren Westen der USA (Illinois, Iowa) oder mit etwas Fantasie auch an den Weizengürtel Westaustraliens südöstlich von Perth. An einem landschaftlich reizvollen Aussichtspunkt nehmen wir unser Mittagessen ein, d.h., es gibt Semmeln (die brasilianischen stehen den deutschen in nichts nach), mit Wurst und Salaten sowie Südfrüchten aus unseren Campingvorräten, frisch zubereitet von Marc und Nervin. Natürlich unter tatkräftiger Mithilfe unsererseits (und wenn’s nur die zweihändigen Geschirrspülmaschinen sind). Weiter geht die Fahrt an unzähligen Lkws vorbei, z.T. durch Indianerreservate hindurch (und auch ganz nah an der Quelle des Rio Iguacu vorbei, der ab übermorgen uns in den Bann ziehen wird). So erreichen wir gegen 8 Uhr abends unser Hotel in Foz de Iguacu.
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